Dienstag, 13. August 2019

Was Äpfel und Birnen mit Lernen zu tun haben

Im Vorherigen Artikel habe ich beschrieben, wie die Phasen der Informationsaufnahme und der Informationsverarbeitung miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen.
Nun lässt sich auf der Seite der Informationsverarbeitung die Frage stellen, welche Prozesse sich hierbei abspielen und wie das menschliche Gehirn neues Wissen verankert.

Eine Theorie wurde hierbei durch Jean Piaget, einem Pionier der Kognitiven Entwicklungs- und Lernpsychologie, entwickelt.

Nach Piaget lässt sich unser Wissen durch verschiedene Schemata abbilden. Ein Schema ist dabei definiert als ein bestimmtes Muster von organisiertem Wissen und Verhaltem. Das Lernen und der Wissensaufbau erfolgt dabei durch die Prozesse der Assimilation und der Akkomodation.

 

Assimilation 


Assimilation kann beschrieben werden als die Eingliederung neuer Erfahrung in bereits bestehende Schemata. Dies bedeutet, dass wir neues Wissen in unseren bereits vorhandenen Wissensschatz einordnen und mit diesem in Verbindungen bringen.

Verdeutlicht an einem Beispiel bedeutet dies, dass wenn ein Kind bereits gelernt hat, dass es einen Apfel zum Mund führen muss, dann ein Stück abbeißen kann und somit den Apfel schließlich essen kann, dann wird es bei einer Birne, die Ähnlichkeit mit einem Apfel hat, vom Verhalten her genauso verfahren.

Das Kind überträgt sein bisheriges Wissen des Apfelessens, auf eine ganz andere, ihm bisher unbekannte aber ähnlich erscheinende Situation, nämlich die des Birnenessens. Hier zeigt sich auch, dass Menschen dazu neigen, ihre bisherigen erfolgreich angewandten Verhaltensweisen auch in unbekannten Situationen anzuwenden.


Akkomodation

 

Eine Akkomodation findet hingegen immer dann statt, wenn eine Situation mit den bereits vorhandenen Schemata bzw. mit dem bereits vorhandenen Wissen nicht bewältigt und erfolgreich gelöst werden kann. In diesem Zusammenhang spricht man bei der Akkomodation auch von einer Erweiterung und Anpassung eines Schemas.

Auf der Ebene der Informationsverarbeitung werden dabei durch neue Informationen die Schemata vertieft und weiter ausdifferenziert, sodass sich verschiedene Situationen noch besser unterscheiden lassen.

Wenn unser Apfel- und Birnenessendes Kind nun einen Bauklotz in der Form und Farbe eines Apfels oder einer Birne in den Händen hat, dann wird es schnell merken, dass es mit seinen bisherigen Wissens- und Verhaltensmustern nicht in der Lage ist, den Bauklotz zu essen. Somit wird durch den Prozess der Akkomodation ein neues Schema geschaffen (Bauklötze). Das Kind weiß nun, dass essbare Äpfel und Birnen z.B. nicht aus Holz bestehen und nicht hart sind. Auf der anderen Seite weiß es durch das neue Schema, dass Gegenstände, die hart sind und aus Holz bestehen nicht essbar sind und sehr wahrscheinlich Bauklötze sein müssen.

Durch neue Erfahrungen werden dabei auch immer wieder neue Schemata erstellt und alte erweitert.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass uns die Prozesse der Assimilation und Akkomodation ein Leben lang begleiten und wir zunächst immer erst versuchen neues Wissen zu assimilieren und erst dann, wenn wir die Dinge in unsere bisherigen Schemata nicht einordnen können, im zweiten Schritt zu akkomodieren.

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